Zum Inhalt springen

Die Geschichte des Chores Schaumburger Märchensänger

Arbeitsreiche Jahre: 1955 – 1959

Von Wolfgang Wicklein

Von 1954 an erarbeiteten sich die Schaumburger Märchensänger den Ruf als einer der weltweit besten Kinder- und Jugendchöre und hielten diesen Rang 20 Jahre lang. Ihre zahllosen Konzerte in Deutschland, die vielen Konzertreisen innerhalb West-Europas,  Nord-Amerikas und darüber hinaus wurden ihr Markenzeichen.

Frühjahr 1955: Abflug mit dem Cityhopper

Im Frühjahr 1955 reisten die Schaumburger Märchensänger erneut über ihre britische Agentur für zwei Wochen nach England. In 12 Konzerten feierte ein begeistertes Publikum seine „Angles in Pigtails“ (Engel in Zöpfen). Die Zeit war diesmal so knapp bemessen, dass nicht mit Zug und Fähre gereist werden konnte, sondern geflogen werden musste.

Friedrich Wilhelm Möller hatte inzwischen sein Lied „Mein Vater war ein Wandersmann“ erfolgreich den Berolina Filmstudios angeboten. (Siehe „Die Geschichte des Fröhlichen Wanderers“) Im Sommer wurde in Sachrang im Schwarzwald der Kinofilm „Der fröhliche Wanderer“ (Regie: Hans Quest) produziert, einer der damals beliebten Heimatfilme mit Rudolf Schock und weiteren bekannten Schauspielern. Das Lied „Ach ich hab in meinem Herzen da drinnen“ (aus der Oper „Schwarzer Peter“ von Norbert Schultze) ist durch diesen Film zum Dauerbrenner geworden.

Werbeblatt für den Kinofilm "Der fröhliche Wanderer"

Im Herbst 1955 unternahmen die Schaumburger Märchensänger für drei Monate ihre zweite USA- und Kanada-Tournee. Gebannt lauschten weit über 100.000 Konzertbesucher dem Chor in
fast 60 ausverkauften Häusern. Hinzu kamen Fernsehauftritte, z.B. in der Ed Sullivan Show. Vor allem Kurt Weinhold, damals Vizepräsident von Columbia Artists Management, galt inzwischen als überzeugter Impresario. Mit ihm und seiner Frau Liz entwickelte sich eine wunderbare Freundschaft zum Chor. Die Tournee trug wegweisende Früchte in einem Verlängerungsvertrag über drei weitere zwölfwöchige Konzerttourneen 1957, 1958 und 1959.

Das Jahr 1956 brachte eine entscheidende Verbesserung für die Schaumburger Märchensänger: Mit dem Erlös aus den ersten zwei Tourneen und der vertraglichen Option von drei weiteren Reisen konnten Edith Möller und Erna Pielsticker über den kürzlich gegründeten Verein Schaumburger Märchensänger e.V. die Fürstenvilla an der Bückeburger Georgstraße zunächst für einige Monate pachten und danach erwerben.

Dort wurde schließlich das ersehnte Kinderheim eingerichtet, das Edith Möller und Erna Pielsticker bis 1975 geleitet haben. In dieser Zeit wuchsen dort über 30 Kinder auf. Der den Chor begleitende Slogan „Kinder singen für Kinder“ wurde nun Realität.

1956: Die alte Fürstenvilla - das neue Chorheim in Bückeburg.

Eindeutig muss festgestellt werden: Dieses Chorheim samt seinem ursprünglich stattlichen, 1 Hektar großen Garten, sowie den kompletten Umbau und umfangreiche Instandsetzungen und Modernisierungen haben die ersten Generationen der Schaumburger Märchensänger „ersungen“!

Heute befindet sich in dem Gebäude die Musikschule Schaumburger Märchensänger e.V., von Bückeburgs Bürgermeister Helmut Preul 1980 offiziell in „Edith Möller-Haus“ umbenannt.

2. USA-Tournee 1955: Die "Jungs"
von links, oben: Karsten, Pianist James Benner, Kurt, Jürgen;
unten: Busfahrer Toni, Wilfried (stehend), Willi und Horst;
aus den offenen Fenstern schauen neugierig Dagmar, Karin und Verena heraus.

Im Februar 1957 stand die 3. Amerika-Tournee an. Erstmals führte die Reise im eigenen Bus mit demselben, sehr beliebten Busfahrer Toni von „Coast to Coast“: Von New York City am Atlantik, durch die nördlichen Staaten bis hin ins sonnenverwöhnte Kalifornien am Pazifik, zurück durch die südlichen Staaten entlang des Golfs von Mexiko durch das frühlingshaft blühende Dixie bis zur Atlantikküste und durch den Mittleren Westen wieder hinauf nach Chicago. Ein Traum von Begeisterung und Erfolg begleitete den Chor, sodass die Tour von 12 auf 14 Wochen verlängert werden musste.

Die Schaumburger Märchensänger waren häufig zu Gast in der Ed Sullivan Show, USA

Auch in Deutschland war die Nachfrage nach den Schaumburger Märchensängern von Jahr zu Jahr gestiegen. Der Kalender war prall gefüllt. Lediglich der Juni 1957 nach der USA-Tournee stand für die Chormitglieder im Zeichen der „Schule“. Ein riesiges Unterrichtspensum musste nachgeholt, ein gutes Zeugnis unbedingt erreicht werden, um bei der nächsten Amerika-Tournee mitreisen zu dürfen.

Wie stets vor einem großen Unternehmen zogen sich die Schaumburger Märchensänger im Sommer in Klausur zurück. Diesmal ging es für drei Wochen in die Lüneburger Heide. Denn neben Spiel und Spaß musste auch ein neues Konzertprogramm einstudiert werden.

28. April 1956: "Die Bremer Stadtmusikanten",
Märchenoper von Friedrich Wilhelm Möller auf der Bühne

Die 4. Amerika-Tournee begann Ende Januar 1958. Es ging entlang der Ostküste bis zu den Rocky Mountains, von Süden bis weit nach Kanada hinauf. Der Obernkirchen Children’s Choir wurden begeistert empfangen und bei seinen Konzerten umjubelt.

Der Chor liebte sein Nomadentum, vom Hotel in den Bus. Dort warteten intensive Schulaufgaben (die waren nicht so beliebt), bis in die nächste Stadt. Empfänge, Besichtigungen, Freizeitvergnügen waren wunderschöne Erlebnisse. Aber am meisten liebten alle Sängerinnen und Sänger die abendlichen Konzerte. Es war und ist einfach herrlich, mit eigenem Gesang andere Menschen zu erfreuen und glücklich zu machen!
Nach viel zu schnell vergangenen, erlebnisreichen 12 Wochen ging es via Paris nach Hause.

Im Sommer des kommenden Jahres tobten sich die Schaumburger Märchensänger vergnügt drei Wochen lang auf Spiekeroog aus, genossen den Strand, das Meer und, wer kann es ihnen verdenken, das Singen.

Während der Saison 1958/59  standen insgesamt gut 100 Konzerte zwischen Hamburg und Frankfurt/Main an. Dazu kam im Herbst noch eine zweiwöchige Tour durch Süddeutschland und im Frühjahr darauf eine etwas längere Konzertreise durch Franken und Baden bis nach Frankreich. Erfolg pur – die Zeitungen waren begeistert.
Und auch Berlin rief erneut nach seinen Schaumburger Märchensängern.

Alles wird ausprobiert: "Die stechen ja tatsächlich!"